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Gesellschaft

33 Bäume sollen verschwinden

Gossauer Landwirt kämpft wegen eines geplanten Velowegs um seine Apfelbäume

Auf der Mönchaltorferstrasse zwischen Gossau und Mönchaltorf soll ein neuer Fuss- und Veloweg gebaut werden. Ganz zum Ärger für Obstbauer Alfred Wild.

Die erste Reihe der Apfelbäume von Landwirt Alfred Wild würde verschwinden, falls der neue Velo- und Fussweg so umgesetzt würde, wie er momentan geplant ist.

Foto: Aline Ilk

Gossauer Landwirt kämpft wegen eines geplanten Velowegs um seine Apfelbäume

Bei der Mönchaltorferstrasse zwischen Gossau und Mönchaltorf soll ein neuer Fuss- und Veloweg entstehen. Nicht jeder ist begeistert darüber.

Es war keine schöne Nachricht für den Gossauer Landwirt Alfred Wild. Der 78-Jährige, der 273 Apfelbäume bewirtschaftet, erfuhr kürzlich, dass er vielleicht bald eine ganze Reihe an Bäumen verliert. Dies wegen eines geplanten Neubaus eines Fuss- und Velowegs zwischen Gossau und Mönchaltorf.

Wild besitzt an der Mönchaltorferstrasse, die als Verbindung zwischen Gossau und Mönchaltorf dient, rund drei Hektaren Land. Darauf züchtet der Landwirt Spezialmostäpfel. Der hohe Zucker- und Säureanteil in solchem Qualitätsmostobst sei sehr gefragt, erzählt Wild. «Mein Abnehmer ist eine Mosterei in Steinmaur.»

Neu soll aber auf der Mönchaltorferstrasse – teils auf Wilds Land – für 5,2 Millionen Franken ein Velo- und Fussweg gebaut werden. Der Kanton möchte eine direkte und sichere Veloverbindung für den Alltags- und Freizeitverkehr schaffen und eine klar definierte Veloführung erstellen, die momentan vor Ort nicht vorhanden ist.

Dass es eine Lösung für Velofahrer braucht, ist Wild klar. «Es muss etwas gemacht werden. Momentan ist es sehr gefährlich wegen des vielen Verkehrs.» Für ihn sei es aber keine Option, gutes Kulturland herzugeben, wenn dafür plausible und bestehende Alternativen bestünden. Konkret müssten für den Bau 33 Apfelbäume gefällt werden – die ganze erste Reihe entlang der Strasse.

Nichts kann mir meine Aufbauarbeit während 20 Jahren für meine 33 gesunden Apfelbäume in vollem Ertrag aufwiegen.

Alfred Wild

Landwirt

Neben dem Landverlust würden für Wild auch die jährlichen Einnahmen für das Mostobst entgehen. «Es geht mir nicht um Entschädigungen, denn nichts kann mir meine Aufbauarbeit während 20 Jahren für meine 33 gesunden Apfelbäume in vollem Ertrag aufwiegen», meint Wild. «Das ist aufwendige Arbeit, und vor allem würde ich die neu angepflanzten Bäume, bis die wieder 20 Jahre alt sind, sehr wahrscheinlich gar nicht mehr erleben.»

Die Bäume können laut Wild auch nicht einfach so umgepflanzt werden. «Je älter ein Baum, umso unwahrscheinlicher und unsinniger wäre ein solches Unterfangen. Es müssen zudem diverse Auflagen wie der Abstand von Baum zu Baum und von Reihe zu Reihe eingehalten werden», erklärt Wild. «Deshalb hätte ich für eine solche Versetzung auch gar keinen Platz.»

Baustart erst im Jahr 2029 geplant

Das Projekt wird nach den Sommerferien im sogenannten Mitwirkungsverfahren erstmals öffentlich aufgelegt, wie Sascha Rhyner von der kantonalen Baudirektion erklärt. Das bedeutet, dass jede und jeder – auch nicht direkt Betroffene – Einwendungen zum Projekt abgeben können. «Die Idee ist, dass man gemeinsam nach Lösungen und Ideen für die Projektumsetzung sucht.» Sämtliche Einwendungen müssen dann bei der Ausarbeitung des Bauprojekts beantwortet werden.

Habe das Projekt diesen Schritt passiert, müsse es vor der definitiven Umsetzung noch eine Hürde nehmen, erklärt Rhyner weiter. Denn es müsse laut Strassengesetz nochmals öffentlich aufgelegt werden, wo dann aber nur noch direkt Betroffene Einsprache erheben könnten. Das Tiefbauamt rechnet derzeit mit einem Baustart im Jahr 2029.

Projekt noch nicht in Stein gemeisselt

Die Gemeinde Gossau versteht sowohl die Anliegen des Kantons als auch die Betroffenheit von Landwirt Alfred Wild. Deshalb habe man den Kanton gebeten, auch alternative Varianten zu prüfen. Dies schreibt der Gemeindeschreiber Thomas-Peter Binder auf Anfrage. Beispielsweise wären eine Veloführung über kantonseigene Parzellen oder eine Aufwertung bestehender Flurwege entlang dem Bach Optionen.

Wie Rhyner erklärt, wurden bereits mehrere Optionen geprüft, und die Baumfällung auf Wilds Grundstück zeigt sich im Moment als die beste Variante. Da man sich aber noch in einer frühen Phase des Projekts befinde, könne es durchaus sein, dass sich im späteren Verlauf eine andere Option ergeben würde.

Wie sich das Neubauprojekt tatsächlich weiterentwickelt, wird sich zeigen. Durch das kommende Mitwirkungsverfahren, in dem alle Seiten zu Wort kommen können, erwartet die Gemeinde Gossau eine sachliche Auseinandersetzung.

Eines ist auf jeden Fall klar: Alfred Wild wird seine 33 Apfelbäume so schnell nicht aufgeben und kämpft um deren Erhalt. So plant er am Samstag, 12. Juli, ab 9 Uhr eine kleine Sympathieveranstaltung auf seiner Apfelbaumplantage. So können Interessierte die Sachlage direkt vor Ort erfahren und die Problematik erkennen.

Kantonsräte wollen Antworten zu Velowegprojekt

Der geplante Veloweg zwischen Gossau und Mönchaltorf sowie die ebenfalls im Gebiet des Gossauerriets vorgesehenen und bei den Bauern umstrittenen Feuchtgebiete beschäftigen gleich mehrere Kantonsräte. Der Gossauer SVP-Kantonsrat Daniel Wäfler hat gemeinsam mit vier Mitstreitern Anfang Woche eine Anfrage beim Regierungsrat eingereicht.

Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier streichen darin den grossen Wert des fruchtbaren Lands hervor, das durch die kantonalen Pläne vernichtet würde. Sie fordern deshalb unter anderem detaillierte Angaben dazu, wie gross die Fläche tatsächlich ist, die insgesamt durch die Pläne für das Gossauerriet und den Veloweg verloren gehen würde. Ausserdem wollen sie wissen, wie viele Velos in den letzten fünf Jahren auf der Strecke zwischen Gossau und Mönchaltorf unterwegs waren. (lel)

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