In Rüti geniessen die Gäste Köstlichkeiten mit den Händen
Gezana Bar und Restaurant
In Rüti gibt es das einzige eritreische Restaurant im Oberland. Beim Besuch vor Ort erwarten einem viel Herzlichkeit und traditionelle Gerichte aus einer anderen Welt.
Eins, zwei, drei – und dann werden die bunten, geflochtenen Deckel des Behälters gleichzeitig angehoben. Zum Vorschein kommt eine Platte mit zahlreichen Köstlichkeiten darauf. Zu sehen ist beispielsweise Tsebhi Derho, Poulet in einer scharfen Zwiebel-Tomatensauce. Oder Lamm Tibsi. Dabei werden Lammstreifen in hausgemachten, zerlassene Gewürzbutter und traditionellen Gewürzen in der Pfanne gebraten. Die Zutaten für dieses Gericht umfassen Zwiebeln, Berbere (eine eritreische Gewürzmischung), Gemüsepaprika und Tomaten.
Besteck ist auf dem Tisch nicht zu sehen. «Wir essen traditionell mit den Händen und alle gemeinsam von einer Platte. Essen ist bei uns ein sozialer Akt, bei dem die Gemeinschaft gepflegt wird», erklärt Angesom Tewelde. Und er ergänzt: «Statt Besteck nutzen wir unser traditionelles eritreisches Sauerteig-Fladenbrot, Injera genannt. Man reisst ein Stück davon ab und macht sich eine kleine Teigtasche, in welche die Speisen gelegt werden.»
Seit dem 1. Juni 2024 betreibt Angesom Tewelde zusammen mit seiner Frau Rahel Teklemariam in Rüti, in der ehemaligen El Dorado Bar vis-à-vis vom Sternenkeller, das eritreische Lokal Gezana Bar & Restaurant. Während es in der Stadt Zürich zahlreiche eritreische-äthiopische Gaststätten gibt, ist jene in Rüti die erste und bisher einzige im Oberland.
Angesom Tewelde flüchtete 2007 aus Eritrea, wo bis heute unruhige politische Zeiten herrschen, in einem Boot über das Mittelmeer nach Italien. Schliesslich landete er in Kreuzlingen und kam später über Embrach nach Rüti, wo er zunächst im Asylheim lebte.
«Wir Eritreer kommen aus einer ganz anderen Kultur. Zu Beginn haben Neuankömmlinge nicht nur Probleme mit der deutschen Sprache. Es gibt viel zu organisieren mit den Behörden oder der Schule. Wir helfen unseren Landsleuten dabei, sich hier in der Schweiz einzuleben», erzählt der Wirt.
Deshalb hat er zusammen mit anderen 2009 den eritreischen Verein Rüti und Umgebung gegründet. Der Verein bietet unter anderem auch Deutschkurse an. Zudem werden hier eritreische Kinder, die in der Schweiz geboren wurden, in der Tigrinja unterrichtet – der Landessprache von Eritrea, wo wiederum neun verschiedene Sprachgruppen leben.
Hauptberuflich als Altenpfleger tätig
Das «Gezana» ist inzwischen auch ein wichtiger Treffpunkt für Eritreer aus Rüti und Umgebung geworden. Hier trifft man sich auf ein Bier aus der Heimat oder zum gemeinsamen Essen und Plaudern. Im Lokal gibt es auch einen Billardtisch.
Hauptberuflich arbeitet Tewelde als Altenpfleger in Tann. «Aber ich hatte schon lange die Idee für ein eigenes Restaurant. Meine Eltern führten in Eritrea in der Hauptstadt Asmara ein Restaurant mit Bar. Ich habe als Kind dort viel ausgeholfen.» Vor knapp einem Jahr ergab sich dann hier in Rüti die Möglichkeit dafür: Er konnte das Restaurant, in dem sich vorher eine türkische Pizzeria befand, pachten.
Noch laufe es am Mittag eher schleppend, dafür sei es am Freitag- und Samstagabend regelmässig voll. Es empfiehlt sich, vor dem Restaurantbesuch einen Tisch zu reservieren, damit sie in der Küche wissen, wie viel sie vorbereiten müssen.
«Die Schweizer sind sehr offen für neue Gerichte. Sie lieben es bei uns, mit den Händen zu essen. Das ist für viele unserer Gäste ein neues Erlebnis», betont Angesom Tewelde, der seit 2022 den Schweizer Pass besitzt.
Aktuell leitet er das Restaurant allein mit seiner Frau, die als Köchin den Kochlöffel schwingt, Tewelde ist für den Service zuständig. Wenn viel los ist, hilft noch zusätzliches Personal aus. Am Abend bietet das «Gezana» auch einen Pizza-Lieferservice.
Traditionelle Kaffeezeremonie geniessen
Auch Caterings können beim eritreischen Restaurant gebucht werden: Neben Fleischgerichten gibt es im «Gezana» auch vegetarische Speisen auf der Karte. Eine besondere Tradition ist die eritreische Kaffeezeremonie, die oft zu Hause oder in Gemeinschaften durchgeführt wird. Dabei werden grüne Kaffeebohnen geröstet, gemahlen und in einem speziellen Topf gekocht und dann in einzigartigen Tassen serviert. Die Zeremonie symbolisiert Gastfreundschaft und Gemeinschaft. Diese Zeremonie kann man im Restaurant Gezana auf Vorbestellung ebenfalls buchen, was gemäss Tewelde gern gemacht werde.