Kulturhotspot im Oberland: Uster soll mit Zürich mithalten können
Neue Leitung im Kulturhaus Central
Grosse Pläne von Kulturschaffenden? Nichts Neues. Doch dieses Trio will hoch hinaus und das Kulturprovisorium fest in der Kulturlandschaft etablieren.
Dass Kulturschaffende sich schon mal viel vornehmen, ist normal. Dass es mit den ambitionierten Plänen nicht immer ganz klappt, ist auch keine Seltenheit. Für das Kulturhaus Central hat sich nun ein Trio gefunden – bestehend aus Miro Maurer, Sarah Brusis und Simon Brusis –, das ebenfalls nach den Sternen greifen will: Uster soll nichts Geringeres als zu einem Kulturhotspot werden.
Für Künstlerinnen, Künstler, wie auch für ein breites Publikum. Egal, ob Jung, Alt, Laie oder Theater-Urgestein: Im Central soll ein Publikum zusammenfinden, das «so divers wie Uster selbst ist», wünscht sich die neue Leitung.
Dafür soll ein ausgebautes Programm für Kinder, Jugendliche und Familien her, eigene Theaterproduktionen, interaktive Programme à la Pubquiz, Konzerte, ein Kulturstammtisch und selbstverständlich wie gewohnt die klassischen Gastspiele.
Wer ist die neue Leitung?
Sarah Brusis, 31, aus Zürich, war als Dramaturgin, Produktionsleiterin und Darstellerin tätig, unter anderem am Luzerner Theater und am Theater Basel. Im Theater Neumarkt war sie Hospitantin, wo sie die anderen beiden Kulturschaffenden kennenlernte.
Miro Maurer, 33, aus Uster, trat als Schauspieler bereits unter anderem im Central selbst und am Deutschen Nationaltheater Weimar auf. Er hatte ein Festengagement im Theater Neumarkt, spielte in Filmen mit und ist Sprecher beim Fernseher.
Simon Brusis, 46, aus München, Sarahs Ehemann, ist Schauspieler und hatte Festengagements beispielsweise am Staatstheater Meiningen, am Theater Magdeburg oder zuletzt im Theater Neumarkt. Er spielte auf vielen Bühnen in Hamburg, Berlin, Frankfurt, München oder Bonn als freier Schauspieler.
Zusammen gründeten sie das Kollektiv Präsidentenbalkon, mit welchen sie unter anderem 2021 das Satirestück «Uschter Röwü» realisierten.
All das soll mit demselben Budget geschehen, wie es die Vorgänger bereits hatten: 110’000 Franken von der Stadt, 90’000 Franken vom Kanton. Sehr ambitioniert. Doch dass die drei Kulturschaffenden verrückte Ideen hätten, haben sie sowieso schon gehört.
Volk sagte bereits Ja zur Kulturstätte
Doch erst mal zum Allerwichtigsten: Uster muss bald weder nach Zürich noch nach Winterthur pilgern, um sich mit einem nahrhaften Theaterprogramm füttern zu können – das verspricht das Programm des Centrals schon jetzt.
Auch wenn der Bahnhof Stadelhofen direkt mit dem Zug zu erreichen ist, so ist Kultur in der eigenen Stadt allemal eine Bereicherung. Dass sich die drittgrösste Stadt im Kanton die eigene Kulturstätte wünscht, hat man nach der Abstimmung für das Kultur- und Begegnungszentrum auf dem Zeughausareal gesehen.
Über die Hälfte der Bevölkerung hatte sich von den mehr als 30 Millionen Franken für das Grossprojekt nicht abschrecken lassen. So ist ein Bedürfnis nach einem lebendigen Kulturangebot offensichtlich vorhanden.
Umzug ins Zeughausareal
Da es sich beim Kulturhaus Central um ein – mittlerweile langjähriges – Provisorium handelt, ist der Neubau auf dem Zeughausareal durchaus relevant. Denn sobald der Bau vollendet ist, voraussichtlich 2028, ersetzt dieser das Central.
Den Umzug müssen die drei Kulturschaffenden mitplanen, obwohl ihr Subventionsvertrag 2025 abläuft. Denn der Verein Kulturgemeinschaft Uster, für welchen das neue Leitungstrio übernimmt, hat zu einem ausserterminlichen Zeitpunkt gekündigt.
Subventionsvertrag
Subventionsverträge dienen dazu, Kultureinrichtungen eine mehrjährige finanzielle Förderung zu gewähren, und definiert die erwarteten Leistungen und Verpflichtungen der Institution. Die Verträge dauern typischerweise vier Jahre und können verlängert werden.
Doch das neue Central-Trio darf sich durchaus langfristige Gedanken machen, denn mit ihrem künstlerischen Konzept, inklusive Eigenproduktionen, konnten sie auch die Stadt überzeugen.
«Ein weiterer Pluspunkt war auch der persönliche Bezug zu Uster, den die drei aufweisen», erklärt Christian Zwinggi, Kulturbeauftragter und Usters Abteilungsleiter für Präsidiales.
«Mit den Produktionen ‘Uschter Röwü’ und ‘Planet Tabu’ haben sie sich schon mit dem Kulturhaus wie auch mit dem Gewerbe und der Bevölkerung auseinandergesetzt. Sie sind sozusagen bereits ein Teil von unserer Kulturszene.»
Sollten die drei tatsächlich ins Zeughausareal ziehen, dann werden sie lediglich die künstlerische Leitung übernehmen – also das Bühnenprogramm gestalten. Betriebsgeschäfte, wie etwa die Vermietung der Räume, wird die zu gründende Zeughaus Uster AG tätigen.
Uster statt Zürich oder Winterthur
Mit oder ohne Zeughaus: Das Kultur-Trio will das Central als Eigenmarke etablieren und nicht zuletzt als eigene Produktionsstätte. Etwas, was zuvor vernachlässigt wurde, aber einen Mehrwert für die Region bedeuten könnte.
«Uster ist eine grosse Stadt mit vielen Kulturschaffenden. Doch diese müssen entweder nach Winterthur oder Zürich, um zu arbeiten, denn hier werden sie nicht genug gefördert», erklärt Sarah Brusis. Das bestätigt auch der gebürtige Ustermer Maurer.
Ich bin damals aus Uster geflüchtet.
Miro Maurer, neue Leitung Central
Er hätte es sich niemals träumen lassen, dass er sich mal in einer leitenden Funktion wiederfinden würde. Erstens als Kulturschaffender und dann auch noch in Uster. «Ehrlich gesagt, bin ich damals von hier geflüchtet. Meine Heimatstadt konnte kulturell einfach nicht mit den anderen Städten mithalten.»
Das Programm lässt sich zeigen
Das soll sich aber drastisch ändern. Eine eigene Produktion wird es noch nicht in die erste Spielzeit zwischen Oktober und Februar schaffen. Doch ein Blick auf das Programm bestätigt die Vielseitigkeit, welche die drei für das Central prophezeien.
Der Spagat zwischen den verschiedenen Vorstellungen reicht von Gardi Hutters Jubiläumstour mit «Die Souffleuse» hin bis zu einem Abend mit Franz Hohler oder kinder- und familientaugliche Theaterstücke.
Für die, die mit einer Bühnennarration nichts anfangen können: Konzertreihen, kuratiert von David Langhard, oder Quizshows, für alle kompetitiven Besserwisser, gibt es auch.
Diversität lässt sich aber nicht nur im Geschmack ausmachen, sondern auch in den Finanzen. Die Preise mussten die Brusis und Maurer anpassen. Es wird Abende geben, die 55 Franken kosten werden, wie etwa das Konzert von Dodo Hug, die in ihrer Jubiläumstour einen Halt im Central macht.
Die Preise bewegen sich zwischen 20 und 55 Franken – je nachdem, was für eine Veranstaltung ansteht. Ausserdem gilt eine Vergünstigung jetzt für alle unter 30 Jahren, statt wie bisher unter 25. Der Eintritt für Jugendliche bis 16 Jahre ist sowieso noch günstiger. Bei Langhards Konzertreihen wird es lediglich eine Kollekte geben.
Eine neue Bar zum Verweilen
Damit der Auftritt gegen aussen genauso stimmt, wie der auf der Bühne, kümmerten sich die drei nicht nur um was auf dem Programm steht, sondern auch gleich um die ganze Präsenz. «Ich hätte das zwar nicht gedacht, aber jetzt weiss ich sogar, wie man eine Webseite programmiert», sagt Sarah Brusis schmunzelnd.
Doch weil auch das nicht ganz ausreicht, haben die drei auch gleich die Lokalität auseinandergenommen. Für die Eröffnung wird eine neue Bar das Kulturhaus zieren. Die Kulturschaffenden strichen die Wände neu, liessen einen neuen Bartresen schreinern und tüftelten an einem passenden Mobiliar.
«Ein Kulturort muss einfach gemütlich sein. Die Gäste sollen gern mal länger bleiben wollen und eins trinken», betont Sarah Brusis. Zuvor gab es zwar Möglichkeiten zur Verpflegung, doch wirklich einladend war es nicht.
Die Identität der Stadt
Und wenn das nun wirklich alles nicht klappen will, damit Zürich oder Winterthur wenigstens ein bisschen neidisch auf Uster werden, so bleibt den drei Kulturschaffenden noch immer ihre Erfahrung.
2021 führten sie das Satirestück «Uschter Röwü» im Central auf – eine Late-Night-Show mit Gästen aus Politik und Gewerbe. Eben diese Show war der erste Meilenstein des Trios.
«Schon damals hat man uns gesagt, dass acht Vorstellungen für das Stück zu viel sei. Dass wir verrückt seien», sagt Sarah Brusis. «Wir waren zwar nicht immer ausverkauft, doch sehr wohl gut besucht», ergänzt Simon Brusis. Wenn sich eine Kulturinstitution an die Bevölkerung anschmiegt, kommt das eben gut an.
Eröffnungsfeier Kulturhaus Central
Am Samstag, 26. Oktober, laden die drei zu einer Eröffnungsfeier ein, die der künftigen Zeit im Central würdig sein soll: mit Akrobatik-Workshops des Zirkus Filacro, mit Filmen im Kino Qtopia und vielen weiteren Attraktionen, die im Freundes- wie auch im Familienkreis besucht werden können. Mit Musikeinlagen von Laurent & Max, dem Klaus Egger Trio, Duo Rimini, Jacques Palminger und DJ Ms Hyde ist für jeden etwas dabei, egal, ob Gross oder Klein.
Die Feier beginnt um 15 Uhr und endet nicht vor 4 Uhr in der Früh. Alle Shows, Filme und Attraktionen sind kostenlos. Für Kulinarik gibt es Stände bis 21 Uhr und ein Barbetrieb, der durchgehend geöffnet ist.