Flüchtlinge und Schweizer singen gemeinsam im Chor
Projekt «Zäme stah»
Ein Chorprojekt in Rüti zeigt, wie Musik Menschen verbinden kann. Gemeinsam singen sie nicht nur Lieder, sondern bauen Brücken zwischen Kulturen und fördern den Austausch.
Seit dem 21. August probt in Rüti ein ganz besonderer Chor jeden Mittwoch von 19 bis 21 Uhr im Mehrzweckraum des Schulhauses Widacher – und das noch bis zum 27. November. Geflüchtete, die hier in Rüti wohnen, singen zusammen mit Einwohnerinnen und Einwohnern aus Rüti. Zum Beginn des Advents tritt der Chor am 30. November auf dem Amtshausplatz in Rüti auf.
«Flüchtlinge stehen oft am Rande der Gesellschaft und haben ein schlechtes Image. Hier im Chor gibt es den Austausch mit Schweizerinnen und Schweizern sowie gemeinsame Gespräche. Davon profitieren auch die Geflüchteten, die so ihr Deutsch verbessern», erklärt Vanessa Krämer. Sie arbeitet bei der Gemeinde Rüti als Projektleiterin Gesellschaft und hat des internationalen Chorprojekts «Zäme stah» initiiert. Rund 80 Personen singen hier zusammen. Zwei Drittel sind Schweizerinnen und Schweizer, ansonsten gibt es Teilnehmer aus der Ukraine, Äthiopien, Eritrea, Burma oder der Türkei.
Singen für Menschlichkeit und Frieden
«In einer Welt mit vielen Kriegen und Konflikten wollen wir durch gemeinsames Singen die Verbundenheit und die Menschlichkeit stärken», sagt Krämer. Unterstützt wird das Projekt von den Gemeinden Rüti und Dürnten, der reformierten Kirche Rüti und der katholischen Dreifaltigkeitskirche Rüti-Dürnten-Bubikon.
«Wir sind aber kein Kirchenchor», betont Chorleiterin Gerlinde Friedrich, die auch den Frauenchor Rüti-Tann leitet. Es gehe aber um Musik mit einer Botschaft für den Frieden. Das Repertoire umfasst beispielsweise Lieder von Bruno Mars («You can count on me») oder John Rutter («Look at the world»).
Turan Genc (48), Türkei
«Ich lebe seit 1,5 Jahren hier in Rüti. Ich bin aus der Türkei geflüchtet. Dort sass ich 18 Jahre lang als politischer Häftling im Gefängnis. Eigentlich bin ich kein guter Sänger, aber ich bin hier im internationalen Chor, um neue Leute kennenzulernen und um mein Deutsch zu verbessern. Ich bedanke mich bei Vanessa Krämer für dieses Musikprojekt.»
Anna Shevchenko (34), Ukraine
«Als Kind wollte ich Sängerin werden. In meiner Freizeit singe ich auch gerne. Derzeit wohne ich hier in Rüti in einer WG mit anderen Ukrainerinnen. Ich bin aus Kharkiv vor dem Krieg geflohen und seit 1,5 Jahren hier. Mit Schweizern habe ich schon Kontakte geknüpft, beispielsweise mit meiner Nachbarin.»
Traugott Zysset (78), Rüti
«Ich kenne schon einige der Ukrainer von anderen Aktivitäten in der Gemeinde. Die Geflüchteten haben mir schon zu Hause geholfen, ich wiederum helfe ihnen. Es ist ein Nehmen und Geben. Ich bin hier, um mit noch mehr Menschen aus anderen Teilen der Welt in Kontakt zu kommen.»
Claudia Vasquez Büchi (53), Rüti
«Ich stamme ursprünglich aus Peru und lebe schon lange hier in Rüti. Ich bin auf der Suche nach einem neuen Hobby. Darum bin ich hier im Chor. Bisher habe ich noch nie in einem Chor gesungen, aber das gefällt mir sehr gut. In der Pause kommt man mit verschiedenen Leuten ins Gespräch, das ist interessant.»
Mischa Ilchenko (39), Ukraine
«Ich bin vor einem Jahr aus Kiew nach Rüti gekommen. Mein Deutsch ist noch nicht sehr gut. Hier im Chor spreche ich mit Schweizern auch Deutsch, was mir sehr hilft.»
Sylvia Thür (70), Rüti
«In einem separaten Teil unserer Liegenschaft wohnt seit 2,5 Jahren eine Familie aus der Ukraine. Wir verstehen uns bestens. Ich interessiere mich für fremde Menschen. Ich bin aus Solidarität mit den Flüchtlingen, die oft schlecht behandelt werden, hier im Chor dabei.»