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Gesellschaft

Ins ehemalige Bordell in Pfäffikon ziehen bald Lehrlinge ein

Nachdem es lange zum Verkauf gestanden hatte, wird das ehemalige blau gestrichene Haus nun neue Bewohner empfangen: Jugendliche in Not.

Aus dem blau gestrichenen Haus wurde ein weisses Haus.

Foto: Mel Giese Pérez

Ins ehemalige Bordell in Pfäffikon ziehen bald Lehrlinge ein

Neues Kapitel für «Salon Malibu»

Zwei Jahre stand das ehemalige Bordell «Salon Malibu» zum Verkauf. Jetzt dient es als Zuhause für Jugendliche mit schwierigen Lebensumständen.

Das blaue Haus an der Hochstrasse 51 in Pfäffikon hat schon vieles gesehen. Nicht nur, weil es weit über 100 Jahre existiert, sondern auch, weil drin schon einiges passiert ist.

Früher war es mal ein Gasthaus, dann ein Radiogeschäft und zuletzt ein Bordell, auch bekannt als «Salon Malibu». Auffällig war es mit der blau gestrichenen Fassade sowieso.

Ein blaues Haus in Pfäffikon mit einem Verkaufsschild davor.
Der «Salon Malibu» stand lange zum Verkauf. (Archiv)

Doch in Windeseile verwandelte sich das denkmalgeschützte Haus nun zu einem Wohnheim für Lehrlinge, die mit schwierigen Lebensumständen konfrontiert sind und ein sicheres Zuhause brauchen. Es wurde innert vier Monaten saniert und neu angestrichen.

Der Verein dahinter ist die WHL, «Wohnheim für Lehrlinge», der sich seit 1977 dafür einsetzt, dass Jugendliche eine geeignete Lösung nach Abschluss ihrer Schulzeit erhalten.

Neues Zuhause für Jugendliche in Not

Das erste Heim des Vereins steht an der Theaterstrasse in Winterthur und wird seit den frühen Achtzigern von Jugendlichen bewohnt. Zudem hat die WHL zwei Mietwohnungen, ebenfalls in Winterthur, die Jugendlichen als betreute Wohnungen dienen.

Pfäffikon ist nun der dritte Standort des Vereins. Hier sollen Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren wohnen, die vor sozialen oder psychischen Herausforderungen stehen. Unterstützt von Betreuenden, sollen die Jugendlichen zur Selbständigkeit motiviert werden und die Hilfe erhalten, die sie benötigen. In den eigenen vier Wänden.

Der Verein orientiert sich für die Betreuung nach dem «Cascata»-Modell: Eine Begleitperson wird für die Bewohnerinnen und Bewohner durch den Tag anwesend sein. Danach wohnen die Jugendlichen selbständig – im Gegensatz zu Winterthur mit einer Betreuung von 24 Stunden.

WHL sparte lange für einen Standort

«Die Nachfrage nach betreuten Wohnheimen ist gross und steigt tendenziell», sagt Markus Coray, Vorstandsmitglied Ressort Finanzen. Die WHL träumt deshalb schon lange von einem weiteren Standort. Und dafür hat sie noch viel länger gespart.

Für den Verein war es wichtig, eine eigene Liegenschaft zu besitzen. Denn Mietwohnungen können jederzeit von den Liegenschaftsverwaltungen gekündet werden, was ein Risiko darstellt.

Menschen sitzen und stehen auf einer Treppe vor einem Haus.
Vorstandsmitglieder, Betreuerinnen und Betreuer haben sich für den rasanten Umbau mächtig ins Zeug gelegt.

Da kam der «Salon Malibu» gerade recht – immerhin stand er schon zwei Jahre zum Verkauf. Und die Lage so nahe am Bahnhof ist unschlagbar.

«Meine Frau hatte die Idee, das Haus an der Hochstrasse mal anzuschauen», erinnert sich Coray. Der Verein besichtigte den «Salon Malibu», und irgendwie passte die Liegenschaft als weiteres Standbein. Also kaufte die WHL das Haus im Mai dieses Jahrs.

Ein rasanter Umbau

Die Sanierung ging gleich los, sodass ab dem 1. September bereits vier Jugendliche in zwei fertige Wohnungen ziehen konnten. Bloss die Möbeleinrichtung fehlt. Die letzte Wohnung wird Ende Jahr bezugsbereit sein.

In dieser kurzen Zeit musste einiges gemacht werden. «Sie können sich nicht vorstellen, wie es hier ausgesehen hat», sagt Jules Nagy, Vorstandmitglied Ressort Immobilien.

Damit das Haus so schnell wie möglich bezogen werden konnte, packten auch die Familienmitglieder des Vorstands mit an. Aus einem Bordell mit obskuren Kämmerchen, bunten Zimmern und rotem Spannteppich wurden drei helle 3,5-Zimmer-Wohnungen mit Altbau-Charme.

Die Strukturen an den Decken und Wänden mussten erhalten bleiben. Ist ja denkmalgeschützt. Jede Wohnung hat eine eigene Küche, ein Badezimmer, und auf jeder Etage befindet sich eine Waschmaschine.

Der Pool im Garten musste aus Sicherheitsgründen weg. Die Aussenwand durfte mit einer Bewilligung aber gestrichen werden.

Neue Farbe, neues Image. Deshalb ist es jetzt nicht mehr das blaue, sondern das weisse Haus an der Hochstrasse. Hell und neutral, wie Nagy findet.

«Die Veränderung ist wie Tag und Nacht. Wir wollten etwas Freundliches aus dem Haus machen, wo Jugendliche frei sind und Teil der Gesellschaft werden können.» Ein neues Kapitel also für das Haus an der Hochstrasse.

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