Nach mehreren Ausfällen: Was ist los an der Schule Dürnten?
Eltern und Mitarbeitende melden sich besorgt
Nachrichten von Eltern und Mitarbeitenden erreichen die Redaktion: In den Dürntner Schulen gebe es besorgniserregende Ausfälle. Gemäss Schulpflege ist die Organisation jederzeit sichergestellt gewesen.
Während sich die Schülerinnen und Schüler gerade in die Sommerferien verabschiedet haben, ist für einige Dürntnerinnen und Dürntner das Thema Schule noch lange nicht vom Tisch.
Drei von fünf Personen aus der Schulleitung und der Gesamtschulleiter wurden in diesem Jahr krankgeschrieben oder haben ihre Kündigung kommuniziert – ein Umstand, der einige Eltern und Mitarbeitende verunsichert und an der Geschäftsführung zweifeln lässt.
Mehrere Nachrichten von Eltern und Mitarbeitenden der Dürntner Schulen erreichten die Redaktion in den vergangenen Wochen.
Mehrere Ausfälle
«Tatsächlich ist die Schule Dürnten mit verschiedenen krankheitsbedingten Ausfällen auf Ebene Gesamtschulleitung und Schulleitung konfrontiert», bestätigt Schulpräsidentin Miriam Cadisch (FDP).
Organisationsaufbau der Schule Dürnten
Die Schulgemeinde Dürnten zählt drei Primarschulen und eine Sekundarschule. Alle vier Schulen unterstehen einer Schulleitung von mindestens einer Person. Hinzu kommt ein Gesamtschulleiter, der das operative Geschäft der Schulen verantwortet und der direkte Linienvorgesetzte der Schulleitungen ist.
Auf strategischer Ebene wird die Schulgemeinde Dürnten von der Schulpflege, die aus fünf Mitgliedern besteht, geführt. Präsidentin der Schulpflege (Schulpräsidentin) ist Miriam Cadisch (FDP), welche für die Amtszeit von 2022 bis 2026 gewählt wurde. Wie im Organisationsreglement der Gemeinde Dürnten nachzulesen ist, vertritt das Schulpräsidium die Schule im Gemeinderat, führt die Gesamtbehörde und die Leitung Bildung (Gesamtschulleitung). Zudem hat es die fachliche Aufsicht über die Schulabteilung, vertritt die Schule gegen aussen und hat den Vorsitz in der Geschäftsleitung.
Cadisch bildet in ihrem Amt als Präsidentin der Schulpflege gemeinsam mit der Leitung Bildung und der Abteilungsleitung der Schule die Geschäftsleitung. Diese besteht ergo aus Schulpräsidentin Miriam Cadisch und Abteilungsleiter Lukas Leibundgut sowie der ad interim tätigen Gesamtschulleiterin, welche den aktuell krankgeschriebenen Gesamtschulleiter bis Ende des Schuljahrs ersetzt.
«Es kann kein Zufall sein, dass innerhalb eines halben Jahrs so viele wichtige Personen gehen», sagt ein Vater* von schulpflichtigen Kindern in Dürnten. Er sieht in einer solchen Häufung von Krankschreibungen respektive Kündigungen das Ergebnis unterschiedlicher Probleme an der Schule. Und damit ist er nicht allein.
Die Rede ist von Missständen auf der Führungsebene, fragwürdigen Krankschreibungen, inkonsequenter interner und externer Kommunikation und Unmut über unverständliche Entscheidungen. So berichten sowohl Eltern als auch Mitarbeitende.
Die Schlüsselperson ist weg
«Anfang Jahr wurde es aus meiner Sicht schwierig», sagt eine krankgeschriebene Schulleiterin. Die Krankschreibung des Gesamtschulleiters, mit dem sie jahrelang zusammengearbeitet habe, habe einen Stein der Verunsicherung ins Rollen gebracht: «Es war für uns unverständlich, dass dieser nach 25 Jahren an der Schule Dürnten quasi über Nacht verschwindet.»
Krankgeschriebene SchulleiterinMit dem bisherigen Gesamtschulleiter verschwindet eine Schlüsselperson aus der Schule Dürnten.
Obwohl die Krankschreibung zwar kommuniziert worden sei, habe eine entsprechende Transparenz vonseiten der Geschäftsleitung gefehlt. Völlig verständlich, wie der Leiter der Schulabteilung, Lukas Leibundgut, findet: «Ich verstehe, dass Mitarbeitende Fragen haben, und die nehmen wir ernst. Aber aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsrechts dürfen wir nicht mehr Informationen über die Krankschreibung des Gesamtschulleiters kommunizieren, als wir es getan haben.» Das gelte auch für die übrigen Krankschreibungen auf Schulleitungsebene.
«Mit dem bisherigen Gesamtschulleiter verschwindet eine Schlüsselperson aus der Schule Dürnten. Auf zwischenmenschlicher wie auch auf professioneller Ebene», sagt die krankgeschriebene Schulleiterin. Mit seinem Abgang hätten sich die Umstände schnell verschlechtert. «An Sitzungen wurde es komplizierter, die Fronten zwischen Geschäftsleitung und Schulleitung haben sich verhärtet», sagt sie.
«Ich habe mich in einer Situation wiedergefunden, die für mich nicht mehr tragbar war.» Sie hat sich deshalb krankschreiben lassen und wird auch im nächsten Schuljahr nicht mehr zurückkehren.
Alle Stellen sind besetzt
Während zur Zukunft des Gesamtschulleiters an der Schule Dürnten vonseiten des Schulpräsidiums aktuell keine Stellung bezogen wird, ist klar: Die drei Schulleiterinnen der Primarschulen verlassen die Schule Dürnten endgültig. Zwei von ihnen sind aktuell krankgeschrieben und haben gekündigt.
Der befristete Arbeitsvertrag der dritten Schulleiterin läuft Ende Juli 2024 aus, nachdem sie die letzten zwei Wochen vor dem letzten Schultag ebenfalls krankgeschrieben war. Sie wurde bereits 2021 pensioniert, hat laut Cadisch aber auf eigenen Wunsch in einem befristeten Vertrag für die Schule weitergearbeitet. Im Herbst 2023 sei dann von der Schulpflege entschieden worden, den Vertrag nicht nochmals zu verlängern.
Schulpräsidentin Miriam Cadisch sagt auf Nachfrage, alle vakanten Stellen hätten bereits wieder besetzt werden können: Sowohl für das Schulhaus Schuepis-Feldegg wie auch für das Blatt-Oberdürnten sei eine Nachfolge gefunden. Im Bogenacker-Tannenbühl übernimmt die bisherige Co-Schulleiterin nun vollständig.
Auch die Gesamtschulleitung ist nach der Ad-interim-Besetzung, die bis August 2024 befristet ist, wieder geregelt. «Die neue Vertretung wird die Stelle des Gesamtschulleiters so lange bekleiden wie nötig», so Cadisch.
Die Organisation und die entsprechende Aufgabenwahrnehmung in jeder Schuleinheit seien trotz verschiedenen Ausfällen jederzeit sichergestellt gewesen.
Schulklima leidet
Dennoch sind die aktuellen Umstände für die Eltern besorgniserregend. «Wir reden hier von langjährigen Mitarbeitenden und Jahrzehnten an Erfahrung, welche die Schule verlassen. Das ist keine natürliche Fluktuation – und schon gar keine Häufung von unglücklichen Krankheitsfällen», sagt ein Vater.
Gerade dann nicht, wenn vonseiten der Betroffenen erschreckende Gründe für die Abgänge genannt würden: «Keine Wertschätzung» und «untragbare Zustände» sind nur einige der Aussagen, die von unterschiedlichen Mitarbeitenden auch an die Redaktion getragen wurden.
Auch das Vertrauensverhältnis von Lehrpersonen zur Schulbehörde sei nicht mehr da, das Schulklima leide. Mitarbeitende sprechen von «fehlender Kommunikation» und einer «Atmosphäre der Angst» wegen – ihrer Meinung nach – fragwürdiger Krankschreibungen und unverständlicher Entscheidungen. Und das, obwohl die Zusammenarbeit zwischen den nun abgehenden Schulleitungen und der Lehrerschaft professionell, wertschätzend und voller Vertrauen gewesen sei.
Eltern handeln
Personen aus Eltern- und Lehrerschaft haben deshalb das Gespräch mit der Geschäftsführung gesucht, gemäss mehreren beteiligten Personen ohne Erfolg. Am 6. Juli wurde zusätzlich ein offener Brief an die Schulpflege gerichtet, der um die 100 Unterschriften zählt, wie Leibundgut bestätigt.
Den Kern des Inhalts bildet die Frage, wie es zu den gehäuften Ausfällen habe kommen können und was unternommen werde, um dem entgegenzuwirken. «Wir werden den Brief nach den Sommerferien beantworten», so Leibundgut.
Verständnis für Belastung
«Die Ausfälle belasten die Mitarbeitenden der Schule Dürnten, das ist uns sehr bewusst», sagt Schulpräsidentin Miriam Cadisch auf Nachfrage. Man bedauere diese Ausfälle sehr, sei aber zuversichtlich, dass nach den Sommerferien die Personalsituation auf Ebene Gesamtschulleitung und Schulleitungen wieder stabil sei. Dementsprechend rechne man auch nicht mit zusätzlichen Herausforderungen.
Miriam CadischWir werden auch in Zukunft den Dialog pflegen.
Schulpräsidentin Dürnten (FDP)
Ausserdem sehe man die Personalfluktuation an der Schule Dürnten insgesamt als unterdurchschnittlich: Beim pädagogischen Personal (unter anderen Lehrpersonen, keine Schulleitung) würden dieses Jahr 13 von insgesamt 160 Mitarbeitenden die Schule Dürnten verlassen, wobei zwei von ihnen pensioniert würden. «Das ist weniger als in anderen Gemeinden», sagt sie. Die Gründe für Wechsel seien vielfältig und auch auf den enormen Fachkräftemangel zurückzuführen.
Wie die Situation in anderen Gemeinden tatsächlich aussieht, lässt sich auf Nachfrage bei der Bildungsdirektion Zürich nicht eruieren. Es gebe keine Statistik zu Abgängen von Lehrpersonen pro Gemeinde und Jahr, auch ein kantonaler Durchschnitt sei nicht bekannt.
Die Bildungsdirektion verweist auf eine Studie, welche die Beschäftigungssituation von Lehrpersonen im Kanton Zürich von den Schuljahren 2016/2017 bis 2023/2024 untersucht. Darin wird unter anderem der Verbleib von Lehrpersonen im Beruf analysiert.
«Der Wille wäre da, nur das Recht nicht»
Dass durch Ausfälle in der Schule Dürnten Sorgen bei Mitarbeitenden und Eltern entstehen könnten, sei nachvollziehbar. «Wir nehmen diese ernst und suchen jeweils das Gespräch. Gerade auch mit den Mitarbeitenden ist mir der Dialog sehr wichtig», beteuert Cadisch.
Generell informiere man stufengerecht und nach rechtlichen Vorschriften. «Daran müssen wir uns akkurat halten, entsprechend dem Daten- und Persönlichkeitsrecht», bestätigt Abteilungsleiter Lukas Leibundgut.
Das gelte selbst dann, wenn falsche Informationen in Umlauf gesetzt würden. «Das empfinden Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner dann schnell einmal als Geheimnistuerei oder mangelnden Willen zum Gespräch.» Dem sei jedoch nicht so. Er versichert: «Der Wille wäre sehr wohl da, nur nicht das Recht dazu.»
Dialog, auch in Zukunft
Cadisch beteuert, dass ihr die Kommunikation zu Mitarbeitenden wie auch Eltern sehr wichtig ist. Die Schulleitungskonferenz und alle direkt unterstellten Mitarbeiter seien sehr rasch über den Ausfall des Gesamtschulleiters informiert worden. Als klar war, dass der Ausfall längerfristig sein würde, wurden ebenso die Eltern in Kenntnis gesetzt.
Bedenken und Anliegen von Eltern würden stets ernst genommen, weshalb der Austausch über persönliche Informationen an verschiedenen Schulkonferenzen und auch schon längere Gespräche zwischen ihr, Lukas Leibundgut und verschiedenen Eltern stattgefunden hätten. «Wir werden auch in Zukunft den Dialog pflegen», sagt sie.
*Um den Persönlichkeitsschutz zu gewähren, wurde im Artikel auf die Namen von Eltern und teils auch Mitarbeitenden der Schule Dürnten verzichtet. Die Namen sind der Redaktion bekannt.