Ustermer wollen ein lebendiges Zeughausareal
Zeughausfest vor Abstimmung
Das Ustermer Zeughausareal war am Samstag Begegnungszentrum und Stadtmittelpunkt. Genau das scheint sich die Bevölkerung für die Zukunft ihres Areals zu wünschen.
Wer sich am Samstag dem Zeughausareal näherte, hörte schon von weit her Musik, Lachen, Schwatzen, Rufen. Es herrschte ein fröhliches, buntes Durcheinander: In der einen Ecke verfolgten Sportbegeisterte gespannt einen Kampf im Boxring, Kreative versuchten sich konzentriert im Weben oder Töpfern, dort lauschten Musikfans den Klängen einer Jazzband, während sich andere in der Lounge entspannten oder in einer Bar angeregte Gespräche führten.
Wie ein roter Faden waren überall auch kleinere und grössere Kinder auszumachen. Sie wuselten zwischen den Erwachsenen umher, bauten an einer Kugelbahn, bastelten ein Mandala oder spielten Fussball. «Hier können auch Kinder voll ins Kulturleben eintauchen», beschrieb es eine Besucherin passend.







Das Zeughausfest zog die Menschen aus nah und fern an. Es war ein Anlass, der Generationen und Kulturen verband. Und mittendrin als strahlender Anziehungspunkt: das historische Zeughausareal.
Ein Grundstück, das Zeitgeschichte geschrieben hat, und aktuell die Ustermer Bevölkerung auf Trab hält: Mit dem geplanten Bau eines Kultur- und Begegnungszentrums sind viele, doch nicht alle einverstanden. An der Abstimmung vom 9. Juni fällt die Entscheidung über die Zukunft des Areals.

«Uster braucht dieses Epizentrum», findet Marc-Anton Hochreutener. Er spielt die erste Posaune in der Big Band Uster. Die Stadt werde durch das geplante Zentrum zu einem Cluster, der Menschen anziehe. «Die Mischung aus alten und neuen Gebäuden hat einen interessanten Charme, und der grosse Platz bietet viel Potenzial.»
Ähnlich sieht es seine Kollegin Palma Fiacco. Die Jazzfotografin bedauert zwar, dass durch das neue Zentrum kleinere, charmante Fleckchen wie das Kulturhaus Central verloren gehen. «Allerdings kann ein Neuanfang auch sehr befruchtend sein», sinniert sie, «man könnte Synergien nutzen, mehr Konzerte, Jamsessions oder Sprungbretter für Nachwuchstalente bieten.» Beide sind sich einig darin, dass es unbedingt mehr Kultur braucht in Uster.
«Kunst und Kultur sind wichtig, es braucht aber noch mehr», sagt ein Mieter eines Lokals auf dem Areal, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Nicht alle Ustermer sind sich einig, ob es den millionenschweren Umbau des Zeughausareals braucht. «Unter der Woche ist hier nicht viel los», argumentiert er. Das Areal liege zu wenig zentral, um mehr als den üblichen Durchgangsverkehr anzuziehen. Ein so grosses Projekt ausschliesslich für kulturelle Anlässe zu bauen, ist für ihn daher fragwürdig. «Man müsste das Areal mit Leben füllen.» Seiner Meinung nach biete die geplante Arealerweiterung nicht den richtigen Mix. «Ich befürchte, dass es für Uster zu einem schwarzen Loch wird, das viel Unterhalt kostet, aber nicht viel einbringt.»
Die Ustermer Tobias Mahrer und Isabel Küpfer besuchen ebenfalls das Zeughausfest und würden sich freuen, wenn das neue Zentrum angenommen würde. Sie hoffen, dass es auch Cafés und Bars geben wird. «Der Bedarf dafür ist da», sagt Isabel Küpfer, «ob es auch Kinos braucht, bin ich mir nicht sicher.» Beide hoffen, dass die Stadt dadurch belebt wird. «Leer stehende Gebäude würden nichts bringen», sagt Tobias Mahrer.
Charme soll bestehen bleiben
Der Boxclub Uster hat seine Trainingsräumlichkeiten im Zeughaus und organisierte am Fest einen Boxring mitten auf dem Gelände. Der Club hofft sehr, dass die denkmalgeschützten Gebäude so bestehen bleiben. «Die Häuser haben Geschichte geschrieben, und es wäre schade, wenn sie verändert würden», findet einer der Verantwortlichen, der seinen Namen nicht nennen möchte.
Ein paar Räume weiter proben alle zwei Wochen die Tänzerinnen und Tänzer vom Bollwerk. Da das Ensemble aus Zürich auf die finanzielle Unterstützung der Stadt angewiesen ist, zählt es nicht zu den festen Mietern des Zeughausareals. Andrea Boll, Choreografin und künstlerische Direktorin, schwärmt: «Mir gefällt der Charme, den die rohen Räume ausstrahlen.» Deshalb hofft sie, dass diese so erhalten bleiben. Ein grösseres Kulturzentrum in Uster würde sie allerdings sehr begrüssen. «Vielleicht könnten wir dann auch fest hier proben, wenn zusätzliche Räume zur Verfügung stünden.»


Etwas pragmatischer sieht es Festbesucher Michael Rusterholz aus Uster. «Eine Umnutzung von Bestehendem ist meist viel kostenintensiver, als Neues zu erstellen», ist er überzeugt. Da die historischen Gebäude aber denkmalgeschützt seien, müsse eine Kombination aus Alt und Neu entstehen. Deshalb spricht er sich klar für das geplante Projekt aus. «Eine Belebung der Stadt Uster ist sehr wünschenswert.» Er begrüsst die Kulturförderung in Uster, fragt sich allerdings über die Notwendigkeit von zwei Kinosälen: «Ist das ein Bedürfnis, oder wird erst mal gebaut, um das Angebot zum Laufen zu bringen?»
Projekt zieht sich in die Länge
Daniel Hotz aus Uster ist Mitglied im Kunstverein. Er und seine Begleiterin Evelyne Dietter aus Arlesheim würden einem neuen Kulturzentrum sehr viel Positives abgewinnen. Hotz ist allerdings etwas skeptisch über den Ausgang der Abstimmung: «Die anfängliche Euphorie ist abgeflacht, das Projekt zieht sich hin, und viele Zugpferde scheinen etwas erschöpft ob des trägen Verlaufs.» Der passionierte Kunstmaler bedauert allerdings, dass die geplanten Räumlichkeiten für grössere Kunstausstellungen nicht ideal seien, weil sie über zu wenige leere Wände verfügen würden. «Vielleicht kommt dann die Villa am Aabach wieder ins Spiel», spekuliert er.


Eine weitere Festbesucherin findet es zwar begrüssenswert, über eine grössere Stadthalle zu verfügen. «Ob es aber gleich so ein grosses Gebäude sein muss, bezweifle ich.» Zudem befürchtet sie, dass vom bestehenden Areal zu viel abgerissen würde.
Das Zeughausfest diente als Paradebeispiel, wie dem Areal und damit der Stadt Uster Leben eingehaucht werden kann. «Wo sonst treffen so viele verschiedene Kulturen und Generationen aufeinander?», stellte eine Mieterin des Areals in den Raum. Ob dies mit dem geplanten Projekt erreicht werden kann, wird die Zukunft – oder besser gesagt die Abstimmung – zeigen.
Am Samstag liessen sich die Festbesucher von diesen Diskussionen allerdings nicht beirren. Sie feierten und lachten – und tanzten sogar mit, als zwischen den Vorführungen der Ustermer Dance Crew Trunique ein kleiner Workshop stattfand. Das volle Leben eben, mitten in Uster.
Darüber wird abgestimmt
An der Abstimmung vom 9. Juni entscheidet das Volk über die Genehmigung eines Investitionskredits von 33,3 Millionen Franken für das Kultur- und Begegnungszentrum Zeughausareal sowie über 3,3 Millionen Franken für eine Tiefgarage, total also 36,6 Millionen Franken.
Ausserdem wird über die Gründung einer gemeinnützigen Aktiengesellschaft, der Zeughaus Uster AG, mit einer Beteiligung der Stadt Uster im Umfang von einer Million Franken abgestimmt.