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Gesellschaft

Markt- und Sicherheitskonzept des Uster Märt sollen geprüft werden

Der Unmut nach dem diesjährigen Uster Märt ist gross - auch bei den Politikern. Jetzt wollen sie genau hinschauen.

So schön die Bilder auch sein mögen – Marktstimmung wollte am diesjährigen Uster Märt kaum aufkommen.

Foto: Christian Merz

Markt- und Sicherheitskonzept des Uster Märt sollen geprüft werden

Nach Kritik

Fehlendes Markt-Feeling, harte Bewilligungspraxis, Masse an Auflagen – der traditionsreiche Uster Märt kommt dieses Jahr schlecht weg. Jetzt fordern Politiker Antworten.

Die Reaktionen zum diesjährigen Uster Märt auf Social Media übersteigen fast schon die Anzahl Rückmeldungen auf die jüngste Bevölkerungsbefragung durch die Stadt Uster. Eingefleischte Ustermer ziehen eine enttäuschte Bilanz zum traditionellen Volksfest.

Viele beklagen ein fehlendes Marktgefühl, weil Stände zu weit auseinandergestanden hätten. Auch dass die legendäre Outdoor-Party an der Zentralstrasse in diesem Jahr keine Bewilligung bekam, stösst auf Unverständnis. Beidem liegt laut dem Märt-Veranstalter, der Stadtpolizei Uster, das Sicherheitskonzept zugrunde.

https://www.facebook.com/SimonVlkFdp/posts/pfbid0CSPkdMq8ZKjFQrGQmMyq7gG1jqXBJZJ5qXPXENCUcE1g85pzAjYZgvmHGvvzbrfAl?locale=de_DE

Als Konsequenz wollen die Betreiber des ehemaligen «Spitzbuebe»-Stands künftig nicht mehr weitermachen. Eine Nachricht, die sich wie ein Lauffeuer verbreitete. Einige fordern jetzt eine breite Aufarbeitung des diesjährigen Uster Märt.

Ustermer Sicherheitspolitiker äussern sich

Dass diese Aufarbeitung durch eine grosse politische Diskussion geschehen muss, steht für SP-Gemeinderätin Nina Nussbaumer nicht an erster Stelle – schliesslich sei man sich in dieser Angelegenheit wohl einig. Wichtiger sei, dass die Verwaltung auf die Diskussion reagiere.

Drei Frauen stehen nebeneinander. Die Frau in der Mitte ist gerade angeregt am Diskutieren.
SP-Gemeinderätin Nina Nussbaumer (Bildmitte), hier beim diesjährigen Frauenstreik, vermisste den Partystand an der Zentralstrasse.

Auch Nussbaumer, die in der Sicherheitskommission sitzt, bedauert das Ende des «Spitzbuebe»-Stands «sehr». Die 32-Jährige hatte die Outdoor-Party an deren Stammplatz vermisst. Der neue Standort vermochte sie nicht zu überzeugen. Allgemein sei ihr aufgefallen, dass an diesem Uster Märt vieles anders gewesen sei. Sie kann den Unmut der Bevölkerung deshalb nachvollziehen: «Der Uster Märt gehört zur Identität von Uster.»

Anders als für Nussbaumer ist für Kommissionskollege Silvan Dürst von der SVP klar, dass es auch eine politische Diskussion geben muss. Vielen Gemeinderäten sei vorgängig nicht klar gewesen, welche Änderungen auf den diesjährigen Uster Märt zukommen würden. Sie seien deshalb negativ überrascht gewesen.

Ein junger Mann mit Bart, blonden Haaren und blauen Augen lächelt in die Kamera.
Silvan Dürst, SVP-Gemeinderat in Uster und Mitglied der Sicherheitskommission.

Auch Dürst hat es «wehgetan», dass die beliebte Party an der Zentralstrasse dieses Jahr nicht mehr war. «Ich gehöre auch dieser Generation an.» Jetzt gelte es, die Wurzel des Problems zu eruieren.

Die neu gestalteten Strassenräume lassen einen Markt kaum noch zu.

Silvan Dürst

Ustermer SVP-Gemeinderat

Es seien sicher Standbetreiber wegen des Wetters ferngeblieben, und das Sicherheitskonzept habe auch eine Rolle gespielt – aber Letzteres sei im vergangenen Jahr schon angewandt worden. Der 35-Jährige vermutet noch einen weiteren Grund.

«Die neu gestalteten Strassenräume lassen einen Markt kaum noch zu.» Dazu würden die erhöhten Bushaltestellen, die Strasseninseln und die verengten Strassen gehören. «Ich wüsste nicht, wo man da noch Marktstände aufstellen könnte.»

Engagement erstickt in Auflagen

Die «coolen Partys» würden immer weniger, stellt Kommissionspräsident Matthias Bickel (FDP) fest. «Uns fällt auf, dass die Auflagen immer grösser werden und so weit führen, dass ehrenamtliche Initiativen und Engagements dadurch abgeklemmt werden.» In den letzten Jahren habe das zugenommen.

Der Uster Märt ist nicht mehr so sexy.

Matthias Bickel

Präsident der Sicherheitskommission (FDP)

Die Bewilligungspraxis sei zu einer riesigen Bürokratie verkommen, die viele abschrecke. Nicht nur beim Uster Märt, sondern generell sei es schwieriger und komplizierter geworden, Anlässe bewilligt zu bekommen. Dazu gehören auch Quartier- oder Vereinsfeste, weiss der FDP-Politiker aus eigener Erfahrung. Die Toleranz der Bevölkerung gegenüber Veranstaltungen jeglicher Art sei zudem gesunken.

«Man hat schon vor Corona gemerkt, dass es die Stadt bei Bewilligungen sehr genau nimmt im Vergleich zu umliegenden Gemeinden.» Bickel vermutet, dass der Stadtrat das neue Sicherheitskonzept am diesjährigen Uster Märt erstmals konsequent durchgesetzt hat. Die Sicherheitskonzepte vieler Schweizer Städte seien aufgrund der Anschlagsserie auf Weihnachtsmärkte überarbeitet worden. Der 54-Jährige kommt zum Schluss: «Der Uster Märt ist nicht mehr so sexy.»

Kommissionspräsident will Konzepte überprüfen

Beim Uster Märt will der Präsident der Sicherheitskommission jetzt aber genau hinschauen. Bickel kündigt an, dass er das Markt- und das Sicherheitskonzept des Uster Märt im Januar oder März 2024 auf seine Traktandenliste nehmen will. Dann soll die Verwaltungspolizei ihre Einschätzung abgeben.

«Die Verwaltung und die Leute an der Front können nichts dafür. Die müssen umsetzen, was bestimmt wurde, und machen ihren Job gut», ergänzt Bickel. Trotzdem will er Antworten auf einige Fragen: Wie sind das Markt- und das Sicherheitskonzept? Was hat sich verändert? Welche Anbieter und Organisationen dürfen eigentlich mitmachen?

Matthias Bickel (FDP), Präsident der Sicherheitskommission im Gemeinderat.

Am Montagabend bekommt der FDP-Gemeinderat im Parlament Rückenwind von seiner Fraktion. In einer Fraktionserklärung kritisiert Gianluca Di Modica (FDP) Stadtrat und Verwaltung für die «Überregulierung, die den Traditionsanlass erstickt». Gleichzeitig warnt er vor weiteren Vorgaben, die noch dazukommen könnten.

So forderte die Fraktion der Grünen im März in einem Postulat, dass Veranstaltungen in Uster nachhaltig zu gestalten sind. Kürzlich hielt der Stadtrat in seinem abschliessenden Bericht dazu fest, dass er Einwegbechern und Plastiktellern den Kampf ansagen will – auch am Uster Märt.

Dafür nimmt er Mindereinnahmen in Kauf. Da für den Offenausschank in Mehrwegbechern mehr Personal- und Platzbedarf nötig seien, werde die vermietbare Festfläche kleiner. Trotzdem sei die Vorgabe zeitgemäss und die Akzeptanz in der breiten Bevölkerung unumstritten. Das Geschäft wird vom Gemeinderat frühestens im Januar 2024 behandelt.

Die Stadt wird sich äussern müssen

Um eine Aufarbeitung des diesjährigen Uster Märt wird der Stadtrat nicht herumkommen. Unter dem Titel «Uster Märt – Fortbestand sichern» hat SVP-Gemeinderat Daniel Schnyder am vergangenen Freitag eine Anfrage eingereicht. Diese dürfte eine weitere Grundlage für die politische Diskussion liefern. Schnyder äussert darin keine Kritik, stellt aber viele Fragen an den Stadtrat.

Fragen etwa, wie sich die Zahl der Marktstände und die Gebühren entwickelt haben. Auch die Auswirkungen vergangener Strassensanierungen auf den Markt thematisiert er. Ausserdem will er wissen, wie die Stadt künftig auf den Uster Märt einwirken will, damit dieser lebendig und vielfältig bleibt. Der Stadtrat hat jetzt bis zum 8. März 2024 Zeit, auf die 13 Fragen umfassende Anfrage zu antworten.

Solche soziokulturellen Angebote sind für den Markt genauso wichtig wie die Stände – für junge Menschen gar wichtiger.

Nina Nussbaumer

Ustermer SP-Gemeinderätin

Nina Nussbaumer erwartet, dass die Kritik gehört und bearbeitet und dass für das nächste Jahr nach guten Lösungen gesucht wird. Sie sei zuversichtlich, dass diese mit der Verwaltung gefunden werden könnten – auch mit den Märt-Näscht-Betreibern. Solche Angebote gelte es zu unterstützen und zu fördern.

«Solche soziokulturellen Angebote, wie auch der Märt-Balken einer ist, sind für den Markt genauso wichtig wie die Stände – für junge Menschen gar wichtiger», betont Nussbaumer. Man solle möglichst viel für die Sicherheit tun, aber auch genügend Freiraum für Kreativität und Freude lassen.

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