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Gesellschaft

Das Rock the Ring ist pleite – die Hintergründe

Das Hinwiler Rockfestival Rock the Ring ist Konkurs. Das falsche Line-Up und fehlende Zuschauer versetzten dem Festival den Todesstoss.

Der finanzielle Schaden der letzten Jahre sei einfach zu gross, begründen die Macher des Festivals das endgültige Aus.

Archivfoto: Christian Merz

Das Rock the Ring ist pleite – die Hintergründe

Es waren grosse Namen, die den Autobahnkreisel Betzholz in Hinwil in den letzten Jahren zum Beben brachten: Bryan Adams und Bonnie Tyler, aber auch Iggy Pop und Mando Diao waren schon zu Gast am Festival Rock the Ring.

Das Rock the Ring war das grösste Festival im Zürcher Oberland. Seit 2014 fand dieses jährlich statt und lockte im Schnitt um die 25’000 Besuchende an. 2020 und 2021 fiel das Festival wegen der Pandemie aus. 

Mit der Band Storace machte eine Schweizer Rockgruppe den Abschluss des diesjährigen Festivals – und war zugleich die letzte Band überhaupt, die jemals an einem Rock the Ring gespielt hat: Die Veranstalter sind pleite.

Wie diese Zeitung aus verschiedenen Quellen erfahren hat, musste die Rock the Ring AG ihre Bilanz deponieren und Konkurs anmelden. Das Festival gehört somit der Vergangenheit an.  

Verwaltungsratspräsident Gérard Jenni zeigt sich enttäuscht. «Die Ursache für den Konkurs ist relativ einfach: Zu gut Deutsch ist zu wenig Geld reingekommen.» 

«Die Enttäuschung weicht der Sachlichkeit»

14.10.2022

Chef des Rock the Ring zum Konkur

Gérard Jenni ist seit 2016 Festival-Chef des Rock the Ring. Beitrag in Merkliste speichern Gründer des Festivals ist Patrick «Päde» Hofstetter, der im Oberland eine bekannte Figur ist. Wird in der Region gefeiert, ob im Pirates in Hinwil oder am Pub Festival in Wetzikon, hat er meist seine Finger im Spiel.

Seit 2014 steckte Hofstetter mit seinem Team Jahr für Jahr viel Schweiss, Blut und Tränen in die Organisation des Rock the Rings. Ende 2019 zog er sich aus dem operativen Geschäft der Rock the Ring AG zurück, um sich vermehrt um seine eigenen Projekte und Familie zu kümmern.

Dennoch: Das Ende «seines» Festivals nimmt ihn mit. «Das tut schon weh. Da steckte viel Herzblut drin», sagt der Gossauer.

Schon in den vergangenen Jahren hatte das Festival mit finanziellen Durststrecken zu kämpfen, die mehrheitlich auf fehlendes Publikum zurückzuführen waren. Corona tat sein Übriges.

Dennoch habe man dem Festival immer wieder eine Chance gegeben. «Das Rock the Ring gehört seit Jahren fest zur Region.»

Hohe Gagen, tiefe Einnahmen  

Über die Gründe des Scheiterns könne man lange diskutieren. Schliesslich sei es ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren gewesen, die zum Konkurs geführt hätten. «Die Gagen für die Bands und Musiker treiben die Ausgaben ziemlich in die Höhe. Bleiben das Publikum und somit die Einnahmen aus, reisst das ein Loch in die Finanzen.»  

Päde Hofstetter auf dem Areal des Rock the Ring beim Betzholzkreisel.

Die diesjährige Ausgabe des Rock the Rings war nicht ausverkauft, die grossen Menschenmassen blieben aus. Die Gründe dafür sieht Hofstetter unter anderem im Line-Up. «Bryan Adams füllt das Festival-Gelände; Alice Cooper wohl nicht mehr. Die Kosten entstehen dennoch.»

Hofstetter merkt an, dass der künstlerische Part eines Festivals viel dazu beitrage, wie viele Besuchende tatsächlich kommen. «Man kann den Boden und das Geländer vergolden; stimmt das Programm nicht, bleiben die Leute weg.»

Teuerster, aber auch wichtigster Teil

Was aber ist das «richtige» Programm? Eine Frage, die man nicht pauschal beantworten könne. Bands würden nach ihren Tourdaten ausgesucht und angefragt. Dabei sei längst nicht sicher, dass alle zusagen.

«Das Booking ist kein Wunschkonzert. Als Veranstalter muss man sich dem Markt an Musikern anpassen, den man gerade zu Verfügung hat», so Hofstetter. Weiter muss eine Band auch finanzierbar sein: «Queen im Jahr 2016 war definitiv zu teuer», sagt er selbstkritisch. Zu den konkreten Gagen äussert sich Hofstetter nicht.

Das Rock the Ring 2022 im Video. (Paulo Pereira)

Zusammengefasst befinde man sich auf einer Gratwanderung: Das Line-Up sei zwar der wichtigste Teil eines Festivals, aber eben auch der teuerste. «Richtig abzuwägen und einen attraktiven und finanzierbaren Mittelweg zu finden, ist nicht ganz einfach», so Hofstetter.

In diesem Jahr ging die Rechnung schliesslich nicht mehr auf.  Man hätte am diesjährigen Rock the Ring 5000 Tickets mehr verkaufen sollen, sagen die Veranstalter. Bei einem Eintrittspreis von 98 Franken pro Tag ergibt das überschlagsmässig ein Minus von rund 500’000 Franken; ein Loch, das sich nicht mehr ausgleichen liess.

Nicht bedrohlich, aber ärgerlich

Der Konkurs hat nicht nur für die Veranstalter Folgen: Partner bleiben vorerst auf ihren offenen Rechnungen sitzen. «Das Rock the Ring hat noch eine offene Rechnung von uns», sagt Roger Egolf, Direktor TCS Trainings & Events.

Seit der Gründung 2014 findet das Festival auf dem Areal des TCS-Fahrzentrums beim Betzholzkreisel in Hinwil statt. Das Zentrum hat aber nicht nur den Platz zu Verfügung gestellt, sondern sich auch als Sponsor am Festival beteiligt.

«Bedenkt man unser Engagement, schmerzt es zusätzlich, dass das Geld ausbleibt.»
Roger Egolf, Direktor TCS Training & Events

Dennoch betrachte man die Situation aus zwei Blickwinkeln: «Wir waren gerne ein Part davon, der Event war wichtig für die Region. Gleichzeitig handelte es sich dabei aber nicht um unser Kerngeschäft und war dementsprechend mit viel Aufwand verbunden.»

Die Enttäuschung in der Stimme von Roger Egolf ist nicht zu überhören. «Bedenkt man unser Engagement für den Event, schmerzt es zusätzlich, das Geld ausbleibt.» Der finanzielle Schaden sei zwar nicht bedrohlich, dennoch aber ärgerlich. Konkrete Zahlen nennt er aber nicht.

Gérard Jenni beziffert die total offenen Ausstände der Rock the Ring AG bei Gläubigern auf 480’000 Franken. Zudem sei noch ein Covid-Kredit von 300’000 Franken offen. Demgegenüber stünden Bank- und Kundenguthaben von rund 200’000 Franken. Wie viel die Gläubiger erhalten, wird im anstehenden Konkursverfahren geklärt werden.

Kein Ersatz geplant  

Ob es im Betzholzkreisel wieder eine Veranstaltung in einer ähnlichen Grössenordnung geben wird, ist unklar. «Es ist aktuell nicht geplant, das Rock the Ring eins zu eins zu ersetzen», sagt Robert Egolf.  

Ein solcher Grossanlass sorge für hohes Verkehrsaufkommen rund um den Betzholzkreisel. «Das wollen wir eigentlich vermeiden.»

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