«Blay»-Familie hat Zuwachs bekommen

Bligg und Marc Sway, wie stark sind Sie noch mit der Region verwurzelt?
Bligg: Sehr stark. Ich wohne mit meiner Familie zwar in Horgen, bin aber sicher zweimal wöchentlich im Zürcher Oberland. Ich treffe meine Freunde, meine Eltern, wir spazieren um den Egelsee. Unser Song « Wiederseh » wurde auf dem Tössstock und auf dem Hörnli gedreht. Ausserdem produziere ich einen eigenen Schnaps aus Weisstannen vom Tössstock.
Marc Sway: Ich bin seit jeher mit dem Oberland verbunden, mein Grossvater stammt aus Uster. Mittlerweile lebe ich mit meiner Familie in Pfaffhausen, eine unglaublich schöne Region. Zwischendurch zieht es mich nach Bauma oder Steg. Man braucht gar nicht weit zu fahren, um atemberaubende Landschaften zu geniessen.
Sie wollten ursprünglich nur ein Jahr zusammenarbeiten und ein Album herausbringen, nun sind es zwei Jahre und zwei Alben geworden.
Bligg: Genaugenommen sind es sogar drei Alben – zwei Studio-Alben und ein Unplugged-Album. Nach unserem ersten gemeinsamen Song « Us Mänsch » sagten viele: «M acht doch mehr als nur einen Song zusammen! » Die Idee fanden wir super, aber keine freien Termine. Bis Corona kam und wir von einem Tag auf den anderen Zeit hatten. Wir gingen damals davon aus, dass der zeitliche Rahmen es gerade zulassen würde, gemeinsam im Studio ein Album aufzunehmen und dann eine Saison lang auf Tour zu gehen, gefolgt von einer krönenden Finalshow im Dezember 2021.
Marc Sway: Aber dann zeichnete es sich ab, dass es vielleicht noch einen kleinen Moment länger dauern könnte mit Corona…
B ligg: Wir haben uns deshalb frühzeitig entschlossen, das geplante Konzert um ein Jahr zu verschieben. Es hätte allerdings keinen Sinn gemacht, 2022 unsere Solo-Karrieren zu verfolgen und dann wieder gemeinsam unser Konzert nachzuholen. Also entschieden wir uns, zwei Jahre daraus zu machen. Und um den Fans in dieser Zeitspanne etwas zu bieten, haben wir einfach ein zweites Album gemacht.
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Hatten Sie vielleicht auch noch Material auf Halde, das Sie gleich fürs zweite Album nutzen konnten?
Bligg: Ja genau, so war es. Als sich mein Bruder einige unrealisierte Songs anhörte fragte er mich verständnislos, weshalb wir diese nicht auf unser Album genommen hätten. Man hat immer die Qual der Songauswahl, wenn man ein Album produziert. Allerdings müssen wir erwähnen, dass wir für « Finale » dann doch alles von Grund auf neu produziert haben. Alles bis auf « Bin dänn mal wäg ». Schlussendlich hätten wir noch so viele vielversprechende Demos gehabt, an denen wir gerne weiter geschliffen hätten. Doch bei 40 Liedern muss man sich irgendwann entscheiden, welche acht bis zehn es letztlich aufs Album schaffen…
Keine leichte Aufgabe, oder?
Bligg: Überhaupt nicht! Es ist, als ob man drei Kinder hätte und nur eins an die Chilbi mitnehmen könnte. Für welches entscheide ich mich?
Marc Sway (lacht): … und das Kind, das ich mitgenommen habe, erzählt den andern danach brühwarm, wie cool es war.
Worin unterscheidet sich denn « Finale » von « Heimspiel » ?
Bligg: Für uns war es ursprünglich wichtig, den eigenständigen « Blay » -Sound zu schaffen, eine neue Identität. Wir sind beide charismatische Figuren – und doch war es uns wichtig, dass « Blay » nicht nach « Marc Sway pur » oder « Bligg pur » tönt. Ich glaube es ist uns gut gelungen, etwas Neues zu schaffen. Bei « Finale » war diese Abgrenzung nicht mehr so stark nötig. Wir konnten uns öffnen und wieder etwas mehr unsere eigenen Stile einbringen.
Marc Sway: Als « Blay » waren wir im eigentlichen Sinne ein « neuer Künstler » , der sich entdeckt und neu definiert. Entsprechend aufwändig und hart war die Arbeit. Beim zweiten Album konnten wir dann aber von diesem Erfahrungsschatz profitieren. Das ergab eine gewisse Frische. Allerdings gäbe es das eine nicht ohne das andere.
Haben Sie noch gemeinsame Ziele?
Bligg: Aktuell beschäftigen uns hauptsächlich die Vorbereitungen auf die grosse Show am 10. Dezember. Wir waren Juroren in einer TV-Talentshow und versprachen einigen NachwuchskünstlerInnen einen Auftritt mit uns im Hallenstadion. Dann besuchten wir rund 40 Schulklassen in der ganzen Schweiz, die unseren Song « Wissenschaft » performten. Auch hier versprachen wir den fünf besten Schulklassen einen Gastauftritt in unserer Show. All diese Touchpoints aus unseren alternativen Projekten versuchen wir nun, in diese eine Show zu implementieren. Es wird eine « Blay und Volk » -Show.
Marc Sway: Es gibt ein richtiges finales Fest! Natürlich entsteht auch Wehmut, wenn man ein solches Projekt abschliesst. Denn danach werden wir klar wieder unsere Solo-Karrieren weiterverfolgen.
Dann sehen Sie der Auflösung von « Blay » mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen?
Marc Sway: Es fühlt sich ähnlich an, wie wenn die Ferien zu Ende gehen – Melancholie, vermischt mit der Vorfreude auf Zuhause. Es wäre allerdings nur halb so schön, wenn es nicht endlich wäre. Endlichkeit macht alles viel wertiger, auch unser Leben.
War die pandemiebedingte « Durststrecke » keine Belastung für Ihre Zusammenarbeit oder Freundschaft?
Bligg : Ich empfand die Corona-Situation öfters als nicht fair – wir hatten unser gesamtes Projekt auf Liveauftritte ausgerichtet. Entsprechend viel Energie, Zeit und Arbeit haben wir dafür investiert. Und dann dürfen keine Live-Auftritte stattfinden.
Marc Sway: Eigentlich besteht « Blay » aus drei Mitgliedern: aus Bligg, Marc Sway und dem Schicksal. Letzterer ist sehr dominant, Kollege Schicksal hatte meistens das Sagen während dieser zwei Jahren. Wir mussten uns richtiggehend darauf einlassen, regelmässig umdisponieren, anders planen, es war eine schrecklich komplizierte Zeit. In Motivationstiefs hatten wir sogar mehr Momente, in denen wir uns gegenseitig aufbauten und füreinander da waren, als dass wir Zeit für Streitereien gehabt hätten.
Wieviel Persönliches steckt in den Songtexten?
Marc Sway: Es steckt so viel Persönliches in den Texten, dass wir sie schreiben können. Aber auch so viel Persönliches, dass Sie als Zuhörerin glauben können, dass es auch Ihre Geschichte ist. Das ist der Mix, den man als Songwriter finden muss.
Ist « Bin dänn mal wäg » Ihr persönliches Abschiedsgeschenk ?
Marc Sway : Das Schöne an diesem Song ist, dass sich jeder von uns zurückgezogen hat, um einige Abschiedszeilen ganz allein bei sich und für sich selbst zu schreiben. Es war ein sehr emotionaler Moment, wie wir dann zusammenkamen und uns diese Zeilen vorspielten.
Bligg: Gerade der Einstieg in diesen Song beschreibt schön, dass es Dinge gibt, die wir ohne Corona wohl nicht so gemacht oder erlebt hätten. Auch « Mit dir » ist ein sehr persönlicher, fragiler Song. Im ersten Moment könnte man meinen, es ginge um unsere persönlichen Beziehungen. Doch es ist bewusst alles offengehalten, sodass Projektionsfläche für die HörerInnen geboten wird.
(Karin Sigg)