Wasserschöpfräder: Historische Technik mit neuem Dreh
Empa-Forscher haben eine weitgehend vergessene Erfindung aus dem 19. Jahrhundert wiederbelebt. Die optimierte Konstruktion kommt im Wasserbau und für die Biodiversität zum Einsatz.
Einst sorgten Landwirte für reiche Heuernten, indem sie Wiesen systematisch bewässerten. Dafür nutzten sie oft hölzerne Wasserschöpfräder, um Wasser aus den Bächen und Flüssen nach oben zu befördern. Das Clevere daran: Die Räder nutzen für ihre Schöpfleistung die Kraft des Wassers selbst, ohne zusätzliche Energiezufuhr.
Nun wird diese alte Technik zunehmend wiederbelebt. Empa-Ingenieure haben an der Entwicklung zweier moderner Wasserschöpfräder nach historischem Vorbild mitgewirkt. Ging es früher um den landwirtschaftlichen Ertrag, stehen heute Natur- und Hochwasserschutz im Vordergrund.
Wasser für den Bach
Bereits seit drei Jahren bringt ein stählernes Schöpfrad traditioneller Bauart bei Glattfelden Wasser aus der Glatt auf die Hundigebene. So wurden die einstigen Wässerwiesen wiederbelebt – nicht etwa für die Heuernte, sondern für die Artenvielfalt. Zusammen mit den benachbarten Mager- und Trockenwiesen entsteht so ein Biotop, das seltenen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bietet.

Anfang dieses Jahrs hat eine weitere Wasserschöpfanlage den Betrieb aufgenommen, die an der Empa in Dübendorf mitentwickelt wurde. Um Steffisburg im Kanton Bern besser vor Hochwasser zu schützen, wurde die Zulg bei der «Müllerschwelle» um rund zwei Meter abgesenkt. Damit der historische Mühlebach weiterhin mit Wasser versorgt werden kann, musste eine Wasserschöpfanlage entwickelt und installiert werden.
Maximaler Wirkungsgrad
Basierend auf der Erfahrung aus dem Glattfelden-Projekt war klar, dass ein traditionelles Wasserschöpfrad unter den Bedingungen in Steffisburg nicht leistungsfähig genug gewesen wäre. Empa-Forscher Silvain Michel schlug daraufhin eine Anlage vor, die aus zwei Rädern besteht: einem Antriebsrad und einem Schöpfrad, die mit einem Getriebe verbunden sind. «So kann jedes Rad mit seiner optimalen Drehzahl laufen – eine Voraussetzung für den maximalen Wirkungsgrad der Anlage», erläutert Michel, der die Dimensionierung mithilfe selbst entwickelter Berechnungstools ermittelt hatte.
Das äusserst effektive Antriebsrad basiert auf einem Konzept aus dem Jahr 1849: dem Zuppinger-Rad, einer weitgehend in Vergessenheit geratenen Erfindung des Schweizer Ingenieurs Walter Zuppinger. Das Schöpfrad, eine völlig neue Konstruktion, wurde vom technischen Büro EKZ in Thun entwickelt. Damit entstand eine einzigartige Anlage, die nun seit einem halben Jahr erfolgreich Wasser in den Mühlebach bringt.