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Blaulicht

Fünf Oberländer Infanteristen sterben bei Heli-Absturz

Es ist der zweitschwerste Unfall, den die Schweizer Luftwaffe in ihrer Geschichte erlebt hat. Am 21. Oktober 1982 sterben fünf Mitrailleure und der Pilot des Helikopters bei Urnäsch.

Der Militärhelikopter des Typs Alouette III wurde beim Absturz am 21. Oktober 1982 zerstört., Auf der Frontseite des ZO wurden am Tag nach dem Unfall die Fotos der Opfer gezeigt. , Im ZO erschien auch eine Todesanzeige der Armee mit den Namen aller Opfer.

Foto: ZO

Fünf Oberländer Infanteristen sterben bei Heli-Absturz

Der Himmel war stahlblau und die Sonne schien intensiv. Genau dieses schöne Wetter wurde dem Piloten, Adjutant-Unteroffizier Bernhard Bittig, am Morgen des 21. Oktober 1982 gegen Viertel vor Zehn zum Verhängnis.

Zusammen mit drei anderen Transporthelikoptern des Typs Alouette III sollte er 60 Wehrmänner der Füsilierkompanie I/70 – einer Einheit, die fast ausschliesslich aus Oberländer Soldaten bestand – in mehreren Wellen vom Rietbad bei Urnäsch auf die Schwägalp fliegen. Die ersten beiden Flüge, die gedeckt rund 30 Meter über Boden führten, verliefen problemlos.

Das fatale Kabel

In der dritten Runde dann geschah es, als mehrere Maschinengewehrschützen, sogenannte Mitrailleure, transportiert wurden.

Bittigs Helikopter flog an dritter Stelle rechts versetzt zu den anderen drei Maschinen und etwas tiefer als jene. Gegen 9.45 Uhr touchierte die Maschine mit dem Bugrad das zwölf Millimeter dicke Kabel der kleinen Rossfall-Transportbahn. Der Heli kippte abrupt nach vorne.

Der Pilot versuchte das noch durch ein schnelles Zurücknehmen des Steuerknüppels auszugleichen. Das jedoch führte zu einer brüsken Auslenkung des Hauptrotors. Dieser rasierte das gesamte Heck des Helis samt Heckrotor und Stabilisatoren weg.

Bittig hatte keine Kontrolle mehr über die Maschine, die in ein bewaldetes Tobel stürzte. Dabei fällte sie auch noch einen grossen Nadelbaum.

Junge Opfer

Die sechs Männer, die im Heli sassen, hatte keine Chance. Neben dem 42-jährigen Bittig aus dem bernischen Mühledorf kamen der 32 Jahre alte Korporal Caspar Grass-Schellenberg aus Auslikon (Pfäffikon), der 21-jährige Mitrailleur Bruno Colombo aus Rüti, der 25-jährige Mitrailleur Markus Wagner aus Wetzikon, der 23-jährige Mitrailleur Eduard Sutter aus Fehraltorf sowie der 24 Jahre alte Mitrailleur Herbert Giacomuzzi aus Tann-Rüti ums Leben.

Sie dürften alle sofort tot gewesen sein, wie die bald darauf eingetroffene Rega-Besatzung sowie ein Armeearzt feststellten.

Die Todesanzeigen für die verunglückten Soldaten füllten im Zürcher Oberländer mehrere Seiten. Foto: ZO

Die Identität der Verunfallten wurde vom Bataillonskommandanten Thomas Lichtensteiger noch an einer gleichentags durchgeführten Medienkonferenz bekannt gegeben.

Zunächst war das Militär davon ausgegangen, dass sich ein Rotorblatt im Drahtseil verfangen hätte. Das Kabel führte an der Absturzstelle etwa 120 Meter über Grund.

Von Sonne geblendet

Rasch kamen die Untersuchungsverantwortlichen zum Schluss, dass der erfahrene Pilot durch die Sonne «für Sekunden völlig geblendet» worden sei, weshalb er das Kabel nicht gesehen habe.

Dabei wussten alle Piloten genau, wo das Kabel hing. Sie hatten vor dem Einsatz noch ein Kabel-Briefing durchgeführt, das sogar vom Unglückspiloten geleitet worden war, weil er einen perfekt nachgeführten Kabelkartensatz besass. Zudem war Bittig dafür bekannt, dass er seine Flüge jeweils mustergültig vorbereitete.  

Kein militärisches Zermoniell

Unter grosser Anteilnahme der Bevölkerung wurden die verstorbenen Oberländer in ihren Gemeinden beigesetzt.

Die Bestattungsfeierlichkeiten fanden ohne militärisches Zeremoniell statt. «In Übereinkunft mit den Familien wurde auf eine Feier für alle Opfer zusammen mit feststehendem Ritus bewusst verzichtet», hiess es im Zürcher Oberländer.

Bei allen Feiern war jedoch eine Delegation der militärischen Verbände vertreten. Diese reichte von Korpskommandant Rudolf Blocher über Divisionär Rolf Binder zu den Chefs der direkt vorgesetzten Stellen bis zum betroffenen Kompaniekommandanten. Zudem waren auch die Kameraden der verunglückten Wehrmänner anwesend.

Nur Drama der Fliegerkompanie 10 noch schlimmer

Dieses Unglück vom 21. Oktober 1982 ist mit sechs Toten als das zweitschwerste in die Geschichte der Schweizer Luftwaffe eingegangen.

Mit sieben Todesopfern noch schlimmer ausgefallen war das sogenannte «Drama der Fliegerkompanie 10». Am 27. August 1938 starteten fünf zweisitzige Maschinen in Dübendorf und sollten in Lugano landen. Nur ein Flugzeug schaffte es aber ins Tessin. Die anderen vier verloren im Nebel die Orientierung und rammten beim Druesberg respektive dem Heuberg im Muotatal in den Boden.   

Doch auch das Jahr 1982 war für die Luftwaffe ein sehr verlustreiches. Der Absturz bei Urnäsch war bereits der vierte Unfall in jenem Jahr. Zwei Monate zuvor war bereits ein Helikopter in eine Hochspannungsleitung geflogen, wobei zwei Personen ums Leben kamen.

Beim Absturz eines Hunterkampfjets verunglückten zwei Kinder, die von der Maschine getroffen wurden. Dann wurde ein weiterer Hunter bei einer Übung von einem Jungpiloten versehentlich abgeschossen und schliesslich stürzte 20 Tage nach dem Heliunfall im Appenzellischen ein Tiger-Kampfjet ab. So starben in jenem Jahr insgesamt elf Menschen bei einem militärischen Flugunglück.

Ein Katastrophenherbst fürs Oberland

Die Zahl der militärischen und zivilen Unfälle mit tödlichem Ausgang war in den 1970er und 1980er Jahre verglichen mit heute sehr hoch. Für das Zürcher Oberland war jener Herbst 1982 aber besonders tragisch. Am 12. September, gut einen Monat vor dem tödlichen Helikopterabsturz der fünf Oberländer, hatte sich die grösste Tragödie in der Region überhaupt ereignet.

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